Samstag, 25. April 2009

Samstag, 18. April 2009

Gedanke des Tages (5)

" „Integration und Migration“ – an keinem anderen Thema lässt sich der Wandel der Öffentlichkeit in den zurückliegenden Jahre besser illustrieren. Als ein Teil der politischen Klasse Anfang der Neunzigerjahre eine Kampagne gegen Asylsuchende entfachte, boten hunderte Journalisten den Scharfmachern aus den Parlamenten die Stirn. Sie informierten, kritisierten und kommentierten. Und sie warnten: Hier werden Freiheits- und Menschenrechte zur Disposition gestellt. Am Ende stand ein Aufbruch der Zivilgesellschaft – Proteste, Lichterketten und schließlich, unter der rotgrünen Regierung, ab 1998 eine Phase der Selbstkritik und der Besinnung.

Zehn Jahre später ist alles anders. Nun ethnisieren und polarisieren vor allem bürgerlich aufgeklärte Kreise, allen voran Journalisten – in der Qualitätspresse ebenso wie im Boulevard. Ein Berufsstand, der so große Stücke auf seine Aufgeklärtheit, Kritikfähigkeit und seine Wächterrolle hält, entpuppt sich mehr und mehr als eine Ansammlung enthemmter Kleinbürger. Ressentimentgeladen, unfähig und unwillig, den aktuellen Entwicklungsstand der Einwanderungsgesellschaft zu reflektieren.

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Seit Ende 2008 liegt nun die komplette „Sinus-Studie über Migranten-Milieus in Deutschland“ vor. Sie wurde 2006 begonnen und veröffentlichte erste Ergebnisse im Herbst 2007. Die quantitativen und qualitativen Ergebnisse der repräsentativen Studie räumen gründlich mit der medialen Konstruktion auf: Migranten sind keine homogene Gruppe; sie definieren sich nicht vor allem über den ethnischen Hintergrund oder Religion.

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Wahrgenommen oder gar diskutiert werden die Ergebnisse der Studie kaum. Die taz widmete ihnen seit 2007 einen einzigen Artikel. Im gleichen Zeitraum erschienen rund 300 Artikel zu Ehrenmord, Zwangsheirat und Rütli-Schule; Stichworte, die für das Scheitern der Integration stehen. Natürlich bemühen sich eine Reihe dieser Artikel um Differenzierung. Allein durch ihr Referenzsystem bleiben sie allerdings Teil der insgesamt problematischen bis reaktionären Integrationsdebatte. Ähnlich sieht es in den anderen Qualitätszeitungen der Republik aus.

Diese Berichterstattung und nicht die Erkenntnisse der Sinus-Studie prägen folglich das Alltagsbewusstsein. Demgegenüber beschreibt die Sinus-Studie die Individualisierung und Pluralisierung der Lebensformen unter Migranten: 98 Prozent wählen ihren Ehepartner selber; 83 Prozent der befragten Menschen mit Migrationshintergrund leben gern in Deutschland; 82 Prozent sprechen mit ihren engsten Freunden deutsch, und für 74 Prozent sind Bildung und Wissen wichtige Werte. Obwohl die Migranten den Deutschen also immer ähnlicher werden, beharrt die Publizistik darauf, Migranten weiterhin nach ihrer ethnischen Herkunft und nicht nach ihren tatsächlichen Wertvorstellungen und Lebensstilen zu definieren.

Nach einer Ende März veröffentlichten, repräsentativen Studie der Forschungsgruppe Sinus Sociovision halten 40 Prozent der detuschen Bürger Antidiskriminierungspolitik für „überflüssig“. So wird es zwar zu Recht als wichtig empfunden, Frauen den gleichen Lohn zu bezahlen wie Männern oder Ältere und Behinderte nicht zu benachteiligen. Weniger Verständnis haben viele Deutsche für die Gleichbehandlung von Migranten, Homosexuellen oder Andersgläubigen. Maßnahmen auf politischer und insbesondere auf gesetzlicher Ebene werden abgelehnt"

(Eberhard Seidl in der Taz)

Freitag, 10. April 2009

Passion



Ostern ist, mehr noch als Weihnachten, offensichtlich die Zeit der Bibelfilme. Zwar sind mir einige davon natürlich bekannt. Ich finde Yul Brunner ist ein ganz fabelhafter Ramses und eine wesentlich bessere Entschuldigung sich "Die 10 Gebote" noch einmal anzuschauen als Charlton Heston.





Bei anderen Filmen bin ich mir allerdings nicht ganz so sicher, wie ich sei Einordnen soll:



"Pontius Pilatus - Statthalter des Grauens" klingt für mich wie ein Film, den man im double feature zusammen mit "Caligula III - Imperator des Schreckens" oder "Messalina - Kaiserin und Hure" zeigen könnte. Auch "Corpus Dei - Der blutige Weg Gottes" (Alternativtitel: "Das Ende der Götter") passt dann vom Namen her doch eher zu so Filmen wie "Flavia - Leidensweg einer Nonne". Dafür spricht auch, dass eine der Hauptrollen von niemand anderem als Dolph Lundgren gespielt wird.



Die meiner Meinung nach beste Bibelverfilmung kommt allerdings aus einer ganz anderen Ecke: Pier Paolo Pasolinis "Il vangelo secondo Matteo" (dt.: Das erste Evangelium Matthäus). Geschult in italienischem Katholizismus und geprägt vom Neorealismus verfilmt Pasolini seine ganz eigene Idee vom Leben Jesu, angeblich nur mit einer Bibel als Drehbuch. Als Drehort diente ihm dieselbe Region in der Mel Gibson 40 Jahre später seinen unsäglichen "The Passion of the Christ" drehen sollte. Dabei verzichtet Pasolini weitgehend auf jeglichen Kitsch, der die meisten anderen Jesusfilme auszeichnet und zeigt, ähnlich wie Scorsese, einen durchaus menschlichen und zeitweise auch wütenden Jesus. Ironischer Weise zeigt dieses Jahr das Bayrische Fernsehen den Film des schwulen Marxisten.



Montag, 6. April 2009

Gedanke des Tages (4)

"Hamlet kommt auf die Bühne und vertritt die Menschheit, Medea kommt auf die Bühne und hat ein Damenbindenproblem"
(Sophie Roise im Gespräch mit Alexander Kluge)