Montag, 9. März 2009

Wie erlangt man die ewige Seligkeit? Indem man Dada sagt.



Wie ich jetzt schon ein paar Mal geschrieben habe, gibt es einige kleine Unterschiede zwischen deutschen und englischen Seminaren. Der Wichtigste ist, dass es keine Seminarordner gibt. Jeder Student muss sich die wichtigen Texte selber in der Bibliothek zusammen suchen (und es gibt hier wie gesagt nur eine große Bibliothek, keine für jedes Institut) und selber kopieren. Dazu kommt noch, dass nicht immer angegeben wird, welche Texte für die jeweilige Sitzung besonders wichtig sind und welche vielleicht nur Ergänzung. Man hat also eine Liste von im Durchschnitt 12 Texten und muss selber entscheiden, welche man ließt. Der Leseaufwand selber ist im Allgemeinen etwas bis etwas viel mehr als bei uns. 40-50 Seiten pro Seminar (ich kann mich einfach nicht daran gewöhnen statt Seminaren "Module" zu sagen, das klingt so technisch) sind normal, während ich mich noch gut daran erinnere, wie eine Professorin in Deutschland in einem Oberseminar den einzigen Text für die folgende Woche mit den Worten ankündigte "Der Aufsatz ist zwar 40 Seiten lang, ich fände es aber gut, wenn sie ihn trotzdem alle lesen würden".
Auch für die Studenten hier hat eine so ausführliche Literaturliste natürlich große Vorteile: Bei der Vorbereitung auf ein Essay braucht man einfach nur in die Literaturangaben der Seminarsitzungen zu schauen, da dort meistens schon mehr als genug Bücher zu einem Thema angeführt sind.

Das erstaunlichste an der ganzen Sache ist für meine Begriffe allerdings: Es funktioniert. Natürlich nicht immer und in jedem Seminar. Auch England ist nun wahrlich nicht das gelobte Land studentischer Beteiligung. Aber da die Teilnehmerzahl hier wesentlich kleiner ist als in Deutschland fällt es durchaus auch schneller auf, wenn jemand nicht vorbereitet ist.
Vielleicht bin ich auch zu pessimistisch, aber wenn ich mich vorstelle, was in Köln passieren würde, wenn es keine Seminarordner mit vorgegebenen Texten mehr geben würde...

Etwas anderes, was mich hier etwas irritierte, wurde mir inzwischen erklärt: Es gibt entweder überhaupt keine Anwesenheitslisten oder es scheint ziemlich egal, wie oft man da ist, oder eben nicht. In meinem Fantasy-TV Seminar gibt es jede Woche jemanden, den ich dort zum ersten mal sehe (und in dem Kurs sitzen nur 15 Studenten) und der in der folgenden Woche wahrscheinlich auch nicht mehr da ist.
Die Erklärung ist relativ einfach und hat natürlich mit Geld zu tun: Die Förderung der einzelnen Institute ist offensichtlich an die Teilnehmerzahl der Kurse gekoppelt. Diese dienen als Indikator für den Erfolg und die Größe des Instituts. Also hat natürlich kein Professor ein Interesse daran, die Teilnehmerzahl zu verringern und streicht darum niemanden von der Teilnehmerliste, der sich je angemeldet hat.

Mehr aus der brave new world demnächst an dieser Stelle

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