Dienstag, 3. Februar 2009

Unterkunft



Das die Engländer das am besten Überwachte Volk der Welt sind, gehört inzwischen ebenso zum Allgemeinwissen, wie das die Inuits 42 Wörter für Schnee haben.

Trotzdem war ich über die Architektur meiner Unterkunft im ersten Moment doch etwas irritiert. Mit einem deutschen Studentenwohnheim hat ein englisches höchstens noch gemeinsam, das dort Studenten wohnen. Das gesamte Gelände ist mit einem Zaun umgeben, und man kommt nur mit einem speziellen Chip hinein und heraus. Das führte dann auch erstmal dazu, dass ich, nachdem mich der Taxifahrer zu der Adresse gefahren hatte, die ich ihm auf einem Zettel unter die Nase hielt, vor dem Tor stand und verzweifelt versuchte, den Menschen an der Rezeption durch das Fenster Handzeichen zu geben, damit sie mich hinein ließen. Nachdem ich ca. 5 Minuten ausgesehen haben muss, wie ein ausgesetztes Katzenbaby, erbarmte sich dann doch eine Angestellte und öffnete das große Tor für mich.

Eine Feststellung konnte ich schon bei meiner Ankunft machen: Ähnlich wie die Iren sind die Engländer zumindest gefühlt doch wesentlich freundlicher als die Deutschen. Ich mag mich irren, da ich erst eine Woche hier bin und vielleicht ist es auch nur mein subjektiver Eindruck, aber alle Menschen, die ich hier nach etwas gefragt habe, oder von denen ich etwas brauchte, reagierten vom ersten Moment an etwas freundlicher und offener als in Deutschland.

Natürlich ist das gesamte Gelände hier von Kameras überwacht und man braucht den Chip nicht nur um auf das Gelände zu kommen, sondern auch um ins Haus selber und dann noch einmal um in die Wohnung zu kommen. Man bekommt manchmal das Gefühl, als würde draußen ein Bürgerkrieg toben oder eine Zombieseuche ausgebrochen sein, vor der einen nur noch die hohen Zäune und ständige Überwachung schützen. Es würde mich nicht wundern, wenn ich die Selbstschussanlagen nur übersehen hätte.
Überhaupt scheint mir die Abschottung des Individuums und das generelle Misstrauen gegenüber der Welt "dort draußen" etwas ausgeprägter zu sein. Solche Bewachten und durch Zäune und Zugangskontrollen gesicherten Wohnkomplexe sind hier relativ häufig.

Mein Zimmer selber hat in etwa den Charme einer (gehobenen) deutschen Jugendherberge. Die gesamte Einrichtung ist aus Pressspan (oder wie mich die Wikipedia soeben aufklärte "Flachpressplatte". Die deutsche Sprache kann so poetisch sein...), statt eines Lattenrosts gib es ein Brett, zu den Vorhängen will mir auch nach mehreren Tagen kein positives Adjektiv einfallen und die Wände sind in diskreter Eierschale gehalten (einer Farbe die eng mit Mauve verwand ist, nur nicht so lila).

Bei meinen Mitbewohnern handelt es sich ausschließlich um EngländerInnen. Es wird vor allem meine kölner Mitbewohner freuen zu hören, dass ich von einem Moment zum anderen zum WG-Ältesten geworden bin, und das mit Abstand. Meine Mitbewohnerin Cathy (Caty? Kathy?) ist sogar fünf Jahre jünger. Aber zum Glück kann ich ja gut mit Jugendlichen...

Abgesehen von ihrem Alter haben zumindest zwei meiner Mitbewohnerinnen ein für mich doch sehr gewöhnungsbedürftiges Hobby: Die beiden sind Mitglied einer Art Paramilitärischen Einheit und verbringen ihre Wochenenden regelmäßig damit, im Wald einer militärischen Ausbildung nachzugehen (ein bisschen wie Mike in "Spaced" nur das sie noch nie einen Panzer geklaut und damit Frankreich angegriffen haben). Die eine ist dabei in der Infanterie und durfte letztes Wochenende üben, wie man Molotowcoctails baut und benutzt, während die andere wohl bei der Artillerie ist (zumindest wenn ich den Satz "She uses the big guns" richtig verstanden habe...).

Ansonsten komme ich aber wirklich gut mit ihnen zurecht. Auch wenn ich etwas irritiert war, als der Cousin meines Mitbewohners, als er hier zu besuch war, erst mal einen Anruf von seiner Mutter bekam, wann er denn zuhause wäre...

Über meine Einschätzung der Uni und über meine Gedanken zu einigen Kunstwerken von Yoko Ono werde ich in den nächsten Einträgen kommen

1 Kommentar:

  1. Hurra, Chicks with guns!
    Da brauche ich doch Fotos um meinen Fetisch zu befriedigen.

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